Ich muss mir mal was von der Seele schreiben: Ich finde, dass es sich Smartphone-Hersteller heutzutage ziemlich einfach machen und das nervt mich mittlerweile richtig.

 

Ich finde ja schon länger, dass es heutzutage in Hinblick auf die Spezifikationen und die Leistung eines Smartphones eigentlich einen verschwindend geringen Unterschied zwischen den Geräten gibt, die in den vergangenen 18 Monaten auf den Markt gekommen sind. Ganz ernsthaft: wer sich heute ein Smartphone kauft, der bekommt für einen Preis von 200-300 Euro schon ein Gerät mit mindestens (!) 4 Prozessorkernen und 2 GB RAM. In Bezug auf die Leistung muss nicht mehr all zu viel getan werden. Und deshalb ist es in meinen Augen mittlerweile echt an der Zeit, dass sich die Hersteller mal was neues Einfallen lassen. In jeder Hinsicht.

Vor wenigen Tagen hat ein Smartphone 5-jährigen Geburtstag gefeiert, das vielleicht einige von euch gar nicht mehr kennen: das Motorola Flipout. Ein Gerät, wie man es heutzutage nicht mehr erwarten darf – ein Smartphone mit ungewöhnlichem Formfaktor und Design:

motorola flipout

 

Keiner traut sich mehr etwas

Und als ich las, dass es mittlerweile 5 Jahre her ist, dass dieses Teil auf den Markt kam, habe ich mich gefragt „was gab es eigentlich seitdem und wo stehen wir heute?“ und soll ich mal die Wahrheit sagen? Wir stehen seit Jahren still. Kurz vor dem Flipout kam Samsung mit dem Galaxy S auf den Markt und hat damit eine Punktlandung hingelegt. Das Smartphone war für die Zeit ein Hochleistungs-Gerät und auch wenn man Samsung erst erfolgreich und dann nicht so recht erfolgreich vorgeworfen hatte, damit das iPhone zu kopieren, war es wahrscheinlich eher die konsequente Ablehnung jeglicher Alternativen, die dieses Smartphone so überaus erfolgreich gemacht hatte. Und mit dieser Strategie fährt Samsung bis heute ziemlich gut. Alle Geräte sind sich so ähnlich, dass (nehmen wir mal die S6-Reihen heraus), es einem wirklich schwer fallen kann, zu sagen, welches der zahllosen Galaxys der Mensch im Bus neben sich eigentlich hat.

Und das hat sich auch für andere Hersteller als sehr erfolgreiche Vorgehensweise herausgestellt: Genau einen Punkt suchen, mit dem man sich von der Konkurrenz absetzt ein wenig unterscheidet und dann auf der Linie bleiben und bloß nicht davon abweichen.

LG hat die rückseitigen Tasten, Motorola die Frontlautsprecher, Sony das rechteckige Design mit Glas/Glas, HTC den Metall-Unibody und alle anderen Hersteller danach irgendetwas dazwischen oder von jedem ein wenig. Aber alle sind Derivate des klassischen Candybar-Formfaktors und wollen tunlichst nichts daran ändern. Und, ja: Apple werfe ich das genau so vor – die sind seit Jahren nicht vom Homebutton und dem „Stumm-Schalter“ abgewichen.

 

Und wo sind die Geräte, die einen begeistern, weil sie mal wirklich etwas Anderes sind?

Das Blackberry PRIV ist (obwohl auch Slate-Formfaktor) derzeit so ziemlich das einzige Smartphone, das einmal aus dem immer und immer wieder gleichen Trott ausbricht und (wenigstens) mit einer zusätzlich ausschiebbaren Tastatur daherkommt. Und es ist eben nicht nur die Tatsache, dass es der letzte Halm ist, an dem sich Blackberry festhalten kann, bevor man dem Smartphone-Markt womöglich den Rücken zukehrt – nein, es ist die Tatsache, dass man mal etwas neuen Wind ins Spiel bringt, der so viel Aufmerksamkeit auf dieses Smartphone lenkt.

Und darum bin ich auch weiterhin so begeistert vom HTC A9. Weil es (und da muss man sich nicht drüber streiten und das auch nicht so in der Luft zerreißen) zwar eindeutig auf Design-Elemente des iPhone setzte, aber eben endlich einmal nicht das erwartete, wieder gleiche HTC-Smartphone ist. Sondern eben eine andere Richtung einschlägt.

Natürlich berichte ich auch gerne über die vielen, vielen Smartphones, die alle sehr ähnlich sind, aber so ein Gerät hat einfach einen ganz anderen Charme, weil es zeigt, dass sich der Hersteller nicht vollkommen auf dem selben Prinzip ausruht, wie es die anderen tun. Und Ausnahmen, wie etwa das LG G Flex sind leider nur das: Ausnahmen.

 

Hand auf’s Herz

Ich bin ganz ehrlich: Ich würde mir sicherlich kein Smartphone kaufen, einfach nur weil es einen abgedrehten Formfaktor oder ein komisches Design und eben nicht zum Beispiel einen 16:9-Bildschirm hat – eben nur um ein „anderes“ Gerät zu haben. Ich kann auch nur davon abraten, sich so einen Quatsch anzugucken, wie etwa die Smartphones von Vertu, die in meinen Augen einzig und alleine dadurch bestechen, dass sie Arsch-teuer sind. Aber ich vermisse die Zeiten, in denen Smartphone-Hersteller mal aus ihrem eigenen Trott ausgebrochen sind und etwas gemacht haben. Schaut euch nur mal das LG G2, G3 und G4 an – oder das Moto X (2013), Moto X (2014), Moto G und Moto X Play an. Das sind alles top Smartphones, keine Frage (und ich bin ein Fan von Motorolas Geräten!), aber worin unterscheiden sich die Dinger untereinander und von der Konkurrenz? Wie gesagt, Tasten auf der Rückseite und Frontlautsprecher.

Ich glaube, dass es derzeit nur wenige Ausnahmen gibt, in denen Hersteller wirklich etwas Anderes bieten, Blackberry ist da mit dem Passport und eben dem kommenden PRIV ziemlich weit vorne. Aber auch LGs G Flex-Smartphones oder die Klapphandys WineSmart oder Samsungs SM-G9198 waren von der Idee her schon ein guter Schritt in eine andere Richtung Und ich würde es weiterhin begrüßen, wenn auch die anderen, großen Namen im Geschäft sich einmal ein Herz nähmen und sich trauen würden, etwas anderes zu machen – nehmt euch ein Beispiel an HTC und bringt doch mal nicht die fünfte Auflage des selben Designs. Keiner soll das Rad neu erfinden, aber vielleicht würde es reichen, einmal einen Blick über den Tellerrand hinaus zu wagen.

 

 

Von Michael

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