Ich hatte die Gelegenheit, mir das HTC U11 anzusehen und über einen längeren Zeitraum auszuprobieren. Was ich von dem Smartphone halte und warum ich die Kamera wirklich schätze, erfahrt ihr in diesem Testbericht.
TL;DR
Das HTC U11 mag optisch nicht ganz nach 2017, bzw. 2018 aussehen; 16:9 Display, deutliche Ränder um das Panel herum und eine einzelne Kamera auf der Rückseite. Allerdings ist das alles andere als schlimm, denn das Gerät liefert einen grundsoliden Dienst und hat mich bis dato nicht im Stich gelassen – einzig in direkter Konkurrenz zum Pixel 2 XL-Testgerät von Google kam der eine oder andere Wermutstropfen auf.
Die Performance ist einem Snapdragon 845 entsprechend top, HTC hat schon vor längerem auf Android Oreo aktualisiert, die Kamera ist ein absolutes Highlight des Geräts, die Lautsprecher sind mit Abstrichen ein willkommener Bonus und gerade die Kopfhörer haben mich ziemlich begeistert.
Wer nicht zwingend ein Gerät mit 2:1 oder 19:9 Display haben will und Wert auf gute Kamera und Performance legt und kein Problem mit eine paar (vielen) Fingerabdrücken hat, der wird mit dem HTC U11 keinen schlechten deal machen.
Wenn ihr es gerne etwas ausführlicher haben wollt, dann lest einfach weiter. Oder schaut euch das Video zum Gerät an:
Design / Haptik
Das HTC U11 vermittelt optisch ein wenig das Gefühl, dass es von anderen Herstellern überholt wurde. Nicht unbedingt, weil es ein klassisches (so lange her ist das eigentlich gar nicht) 16:9 Display einsetzt, sondern viel mehr, weil HTC hier doch noch relativ großzügige Ränder um das Display verwendet hat. Natürlich sitzen darin ein Ohrhörer/Lautsprecher, Frontkamera, Mikrofone, Sensoren, sowie drei kapazitive Tasten und ein Fingerabdrucksensor – trotzdem haben das andere Hersteller auch in schmaleren Rändern realisiert…
Dafür überzeugt mich allerdings die Rückseite des U11 schon sehr. Was zwar ein unvergleichlicher Fingerabdruckmagnet ist, sieht aber durch das gewölbte Glas und die damit verbundenen Lichteffekte und -reflexe einfach wirklich sehr schick aus. Die Rückseite ist bei diesem Modell (es gibt zum Beispiel auch eine rote Variante) in schwarz gehalten und fühlt sich mit trockenen Händen zwar rutschig an, aber auch einfach sehr angenehm. Auf der Rückseite ist neben Kamera samt LED-Blitz sonst nur eines von insgesamt 4 Mikrofonen zu finden – der Rest ist hochglänzendes Glas.
Allerdings hat man nicht nur ein Fingerabdruckproblem mit dem Gerät. Denn durch die glatte Rückseite neigt das HTC U11 auch gerne dazu, den Weg des geringsten Widerstands zu nehmen. Will heißen: wenn das Smartphone auch nur auf der kleinsten Schräge liegt, kann es unter Umständen langsam dort herunterwandern und sich im schlimmsten Fall in Richtung Boden aufmachen.
Bedienung (oder: keine on-screen Tasten)
Ich komme eigentlich von einem LG G6, das mit 5,7 Zoll auf 2:1 eine für mich sehr gute Größe hat, habe aber auch zeitgleich mit dem U11 ein Pixel 2 XL testen dürfen und da positioniert sich das HTC U11 tatsächlich ziemlich genau in der Mitte. Das Pixel 2 XL ist mit immer mal wieder einen Ticken zu groß gewesen und auch beim U11 habe ich vor allem beim auf-die-andere-Seite-strecken das Panel manchmal als ein klitzekleines bisschen zu breit empfunden – dafür aber kommt man hier dank des weniger hohen Panels leichter an die Benachrichtigungsleiste oder Elemente, die in Apps irgendwo oben zu finden sind. An den Schritt „zurück“ zu 16:9 konnte ich mich allerdings schnell gewöhnen – anders sah das allerdings bei den Navigationstasten aus.
Seit Galaxy Nexus-Zeiten bin ich on-screen Tasten unter Android gewöhnt und bin fast nie davon abgewichen. Die Kombination aus 3 kapazitiven Tasten unterhalb des Displays (wobei die Home-Taste auch der Fingerabdruckscanner ist), hatte bei mir allerdings eine längere Gewöhnungsphase gebraucht. Der größte Fan bin ich von dieser Art der Steuerung noch immer nicht, aber dafür ist der Fingerabdruckscanner super zuverlässig und arbeitet sehr schnell und manchmal ist es schon praktisch, das Gerät auf derm Rücken liegend auf dem Schreibtisch zu entsperren.
Ansonsten hat HTC das Android Oreo unter der Haube nur wenig angefasst. Natürlich hat man seinen eigenen Launcher integriert und auch die eine oder andere zusätzliche App integriert, die einen Mehrwert bringen soll – aber einige davon kann man sich getrost schenken. Android braucht eigentlich etwa keine dedizierte „Boost“ App, um den Arbeitsspeicher zu managen. Das tut das Betriebssystem von ganz alleine.
Kamera
Ich will dieses Mal einen Punkt gerne vorne anführen, der mich sehr begeistert hat: die Kamera des HTC U11 ist wirklich sehr gut. Nicht die beste Kamera (tut mir leid, aber da gewinnt noch immer das Pixel 2), aber sie ist meiner Meinung nach verdammt nah dran.
Im Automatikmodus schießt das U11 fast immer auf den Punkt knackige und schön ausbalancierte Fotos. Dabei ist sie in der Regel so schnell, dass sie sowohl innerhalb kürzester Zeit aktiviert werden kann, als auch schnell und schnell hintereinander Bilder aufnimmt. Zusätzliche Features, wie der Pro-Modus, bei dem man Belichtungszeiten, Weißabgleich und Fokus manuell einstellen kann, sind für kleine Hobbyfotografen ein schöner Mehrwert und erlauben etwa Spielereien, wie Lichtmalerei oder einfach ganz normale Langzeitbelichtungen zu machen. Man sucht hier zwar vergebens soetwas, wie den sehr populären Portrait- bzw. Bokeh-Modus in der Kamera, den kann man sich aber beispielsweise durch die modifizierte Google Kamera App dazuholen.
Ein kleine Besonderheit: im Gegensatz zur Hauptkamera, die mit 12 Megapixeln auflöst, ist hier die Frontkamera die mit der höheren Auflösung. Ganze 16 Megapixel findet man oberhalb des Displays und die Selfies, die sich hiermit schießen lassen, können sich (auch ohne Beauty-Filter) sehen lassen. Spannender, als die integrierten Weichzeichner finde ich aber die Funktion des Panorama-Selfies. Hier schießt man drei Bilder, die zu einem großen Selfie zusammengesetzt werden und so euch und eure Kumpels links und rechts komplett ins Bild bekommen. Coole Idee.
Videos nimmt man übrigens wahlweise in 1080p, 4K, als Zeitraffer oder als Zeitlupe auf. Letztere mit 120 Bildern pro Sekunde bei FullHD. Gefällt mir.
Performance
Ich habe ja schon oft gesagt, dass aktuelle Smartphones sich eigentlich nicht all zu viel in Sachen Leistung für den Otto-Normal-Verbraucher tun. Dabei bleibe ich auch – aber dass im HTC U11 ein Snapdragon 835 steckt, ist halt schon ein ziemlich netter Punkt. Der SoC verrichtet seine Arbeit extrem gut und energieeffizient. Apps sind schnell geladen, Spiele ruckeln einfach nie und mit 4GB RAM hat das Gerät genug Arbeitsspeicher, um ordentlich haushalten zu können. Erst nach mehreren geöffneten Applikationen müssen Daten beim Zurückgehen zu einer vorherigen App neu geladen werden.
Akku
Auch der Akku profitiert vom Snapdragon 835. Das HTC U11 hat mich in der Regel auf 3 Stunden und mehr Displayzeit gebracht. Natürlich ist das stark abhängig davon, was man mit dem gerät tut. Etwa bei Hunderten Fotos und Videoaufnahmen in Zeitlupe oder 4K kann der Akku schneller in die Knie gezwungen werden, bei der üblichen Benutzung hat man aber Abends immer noch ausreichend Prozente in der Anzeige stehen und ich musste fast nie über Tag noch einmal an den Strom.
Lautsprecher und Kopfhörer
Im Video zum HTC U11 habe ich es zweimal erwähnt und auch sonst bin ich nicht scheu, zu sagen, dass ich mir wünsche, HTC würde das One M7 wiederbeleben und als überarbeitete 2018-Version auf den Markt bringen. Nicht zuletzt, weil ich die BoomSound Lautsprecher dieses Smartphones als die wohl besten überhaupt erinnere.
Beim U11 hat HTC sich an das Setup gehalten, das man schon beim HTC 10 eingesetzt hatte: ein Lautsprecher, der nach unten gerichtet ist und das Hinzuziehen des Ohrhörers. Letzterer ist immer deutlich leiser als der Lautsprecher am unteren Gehäuserand, gibt dafür aber auch nur die oberen Frequenzen wider und erzeugt dadurch ein wenig Stereo- bzw. Raumklang-Effekt. Die Software bietet außerdem immer die Option bei Medienwiedergabe zwischen dem Musikmodus und dem Theathermodus zu wechseln, was den integrierten Equalizer ändert und für mehr allgemeine Lautstärke oder mehr Volumen, bzw. etwas „dickeren“ Klang sorgt. Das hilft zwar nur teilweise gegen das obligatorische „Handmuscheln“, das bei nach unten gerichteten Lautsprecher für viele schon zur normalen Haltung im Querformat geworden ist, aber kann das Klangerlebis dennoch verbessern.
Ganz anders fällt da mein Urteil zu den uSonic Kopfhörern aus. Denn die sind in meinen Augen Ohren mit die besten, die ein Hersteller bei einem Smartphone beilegt. Da das HTC U11 nicht über einen Klinkenanschluss verfügt, werden diese über den USB Typ-C Port angeschlossen und bieten noch gleich zwei Boni: beim ersten Einstecken in das U11 werdet ihr durch ein kurzes Setup geführt, das eure Gehörgänge analysiert und den Klang entsprechend darauf einpasst. Dafür hört ihr kurz ein nicht all zu penetrantes Rauschen und nach ungefährt einer Sekunde des Analysierens einen Demo-Song, bei dem man zwischen dem Standard-Klang und dem persönlichen Profil hin und her wechseln kann. Das hat mich beim ersten Mal schon umgehauen und ich bin seitdem auch ein bisschen verwöhnt. Der zweite sehr praktische Punkt, den man mit den uSonic Kopfhörern bekommt, ist optionales, aktives noise cancelling. Hierfür werden die verschiedenen Mikrofone verwendet, um Umgebungsgeräusche aufzunehmen und diese im Kopfhörer auszulöschen. Das sorgt für eine Verzögerung bei der Wiedergabe von wenigen Millisekunden, beschert euch aber ein ruhigeres (Musik)Hören und ist bei einem beiliegenden Headset ebenfalls alles andere als selbstverständlich.
Natürlich bekommt man einen toller super-Klang und ANC auch mit Kopf- oder Ohrhörern von Drittherstellern, aber dafür latzt man dann auch gerne dreistellige Beträge hin und man muss sich einfach vor Augen halten, dass HTC hier ein solches Headset einfach beim Smartphones dabei legt. Einfach so.
Edge Sense
Natürlich möchte ich auch noch einmal auf ein Feature eingehen, dass viele bei der Vorstellung des HTC U11 belächelt hatten, aber spätestens beim Pixel 2 von einigen gefeiert wurde: Edge Sense. Dies erlaubt es, das Gerät seitlich zu drücken und eine vordefinierte Aktion auszuführen. Dabei können kurzes und langes Drücken für unterschiedliche Aktionen bzw. Apps vorbelegt werden. Standardmäßig öffnet das U11 dabei die Kamera App und erlaubt in dieser das Auslösen – man kann aber theoretisch auch Candy Crush auf kurzes Drücken und die Taschenlampe bei langem Drücken hinterlegen. Oder eben, genau wie beim Pixel 2, den Google Assistant. Letzteres habe ich zum Beispiel eingestellt, da auch ich das Feature eher praktisch finde und mir jedes weitere „Okay Google“ spare. Wenn ihr aber ständig auf, sagen wir mal, Instagram unterwegs seid, könnt ihr auch diese App für das Edge Sense belegen oder die Einstellungen öffnen, oder oder oder…
Ist es ein must have? Nein. Ist es ein sehr praktisches Feature, das man gerne nutzt, wenn man es erst einmal ausprobiert hat? Auf jeden Fall.
Fazit
Das HTC U11 ist vor allem ein verdammt schickes Smartphone, das mich zwar das eine oder andere Mal durch die Aufnahme von Fingerabdrücken in den Wahnsinn getrieben hat (vor allem, wenn ich Fotos davon machen wollte!!). Die Performance stimmt in meinen Augen absolut und auch der Akku ist so groß dimensioniert, dass man super über den Tag kommt und dabei keine Einbußen bei der Leistung hat.
Die zwei Highlights sind für mich aber die Kamera und die beigeliegten Kopfhörer. Erstere sorgt dafür, dass ich gerne mehr Fotos mache, als sonst mit einem Smartphone und die Qualität liegt nur wenig hinter dem, was Google mit dem Pixel 2 abliefert und die uSonic Kopfhörer haben mich seit langem mal wieder gerne ein kabelgebundenes Headset nutzen lassen, weil ich die Kombination aus super Klang und activem niose cancelling genossen habe.
Für aktuell rund 470€ bekommt man ein sehr schickes und rundes Paket. Muss allerdings auf Annehmlichkeiten, wie schmale Ränder und 2:1 Display verzichten.
Ich habe das HTC U11 privat im Rahmen einer Promotion von HTC zum Testen erhalten. Meine Meinung im Rahmen des Testberichts für mobileCTRL hat diese Tatsache wissentlich nicht beeinflusst. Ich habe von HTC darüberhinaus keine Zuwendungen für diesen Beitrag erhalten.