Als Testbericht ist es jetzt vielleicht etwas spät, aber ich will einmal darstellen, weshalb ich mich vor wenigen Monaten dazu entschieden habe, mir ein LG G6 als mein privates Gerät zuzulegen.
Was braucht man schon?
Ich bin ja nicht nur im Herzen technikbegeistertes Kind geblieben, das sich über neue blinkende und piepende Gerät freut, sondern auch beruflich an die IT und alles was dazu gehört gebunden. Da liegt es nahe, sich mit Neuerungen zu beschäftigen und zu evaluieren, was man alles neu ist und was man tatsächlich braucht. Und das ist der springende Punkt: natürlich finde ich Googles neue Pixel-Geräte und Apple mit dem iPhone X extrem spannend. Aber was brauche ich eigentlich? Ich brauche ein Smartphone, das bereit ist und nicht erst ein paar Sekunden braucht, bis ich es nach dem Entsperren benutzen kann. Ich brauche ein angenehm großes Display, auf dem ich lesen kann und auch mal ein Video schauen kann. Ich brauche eine ordentliche Akkuleistung, mit der ich gut über den Tag komme und ich brauche eine gute Kamera. Letztere will ich vor allen Dingen haben, weil ich seit nunmehr etwas mehr als einem Jahr Vater bin und es nun einmal so ist, wie man anderen Eltern immer wieder gerne vorwirft: man macht einfach ständig Fotos von seinem Kind.
Eine gute Kamera
Das LG G6 hat nicht die beste Kamera, die man aktuell in einem Smartphone bekommt. Pixel 2 und iPhone X belegen aktuell die obersten Plätze in den Rankings, was die Video- und Bildqulaität angeht und zugegeben: das G6 macht mir eigentlich ein bisschen zu viel Post-Processing der Aufnahmen. Das fällt vor allen Dingen sehr auf, wenn man stark hereinzoomt. Schade eigentlich – denn das Nachschärfen und die nachträgliche automatische Bearbeitung könnten durch ein einfaches Software-Update ausgehebelt werden.
Aber das G6 bietet mir zwei sehr angenehme Features bei Fotografie: mit der zweiten Linse spendierte LG dem Gerät einen Weitwinkel, der jedes andere Smartphone alt aussehen lässt. Wenn ich mit dem normalen Kamera-Modul ein Foto mache, sehe ich nur einen normal-großen Ausschnitt. Schalte ich auf das Weitwinkel, bekomme ich gefühlt den gesamten Raum aufs Bild, die ganze Gruppe, die ich fotografieren will, das gesamte Motiv. Diese zweite Linse ist so viel mehr wert, als eine 2x optisch hereingezoomte Linse für mäßige Portrait-Aufnahmen oder ein Monochromer Sensor, der effektiv gar nicht so viel bringt, wie man sich eigentlich erhofft hatte.
LGs Kamera bietet außerdem einen genialen manuellen Modus, bei dem ich Belichtungszeiten, ISO-Wert, Fokus und Weißabgeich einstellen kann. Zwar ist der manuelle Modus nicht von der Nachbearbeitung befreit, aber als hobbymäßiger Fotoknipser freue ich mich einfach, hier deutlich mehr Einstellungsmöglichkeiten zu haben, als bei anderen Smartphones und die Option etwa mit Unschärfen oder eben Langzeitbelichtungen zu spielen.
Dabei ist die Kamera des LG G6 auch ziemlich schnell. Zwei kurze Tipper auf die Leiser-Taste und die Kamera springt an, fast sofort kann ich anschließend Fotos machen – ein kurzer Tipp auf das Display und ich bin auf der weitwinkligen Linse und kann die gesamte Szenerie einfangen. Das bietet mir einfach kein anderes Smarpthone.
Eine gute Performance
Ja, das LG G6 ist nur mit dem Snapdragon 821 ausgestattet. Das ist ja Technik von 2016! Das ist ja gar kein Snapdragon 7495! So what? Ich hatte damals das Google Pixel XL zum Testen erhalten und auch das war mit dem Snapdragon 821 ausgestattet. Und soll ich euch was sagen? Der SoC ist top. Die Leistung ist noch immer (und alleine diese „noch immer“ klingt ja schon so hochnäsig und irgendwie falsch, aber in der heutigen Zeit wandeln sich die aktuellen Komponenten einfach so schnell) absolut ausreichend. Ach was sage ich: die Leistung ist super.
Ja, natürlich wäre 4K mit 60FPS und 120FPS bei 1080p sehr, sehr nice. Aber ich komme mit meinen 30FPS und der Zeitlupe auf 720 auch klar. Das konnte zwar schon das Nexus 6P, aber auch hier habe ich das eigentlich nie so richtig ausgereizt.
Ich habe das Thema schon ein paar Mal aufgegriffen: heutzutage tun sich Geräte in ihrer Leistung nicht mehr all zu viel. Der SD821 im LG G6 ist deutlich energieeffizienter als noch der Vorgänger oder der Snapdragon 810 im Nexus 6P (das ich übrigens vorher mein Eigen nannte), aber Leistung bringen meiner bescheidenen Meinung nach so ziemlich alle Oberklasse-SoCs der vergangenen 2-3 Jahre.
Keine guten Updates
Was ich allerdings schwer bemängeln muss ist LGs Update-Politik. Das G6 ist noch immer das „normale“ Flaggschiff des Herstellers (das V30 ist ja eine Sonder-Serie) und ist bis heute noch auf der Android-Version 7.0 – Punkt Null. Keine Versionsupdates und ein Stand der Sicherheitspatches von Juli 2017. Und da frage ich mich ernsthaft: was läuft da bei LG falsch? Ich fände es natürlich schön, wenn es wenigstens schon einen Ausblick auf Android 8.0 / 8.1 gäbe, aber wenigstens die kleineren Versionssprünge auf 7.1 / 7.1.2 wären erfreulich. Aber Sicherheitspatches von Juli? Das gehört eigentlich verboten. Ich hoffe natürlich sehr stark darauf, dass man bei LG einfach die „kleinen“ Versionssprünge übergangen hat, um dann direkt auf Oreo zu gehen, aber so richtig drauf wetten will ich nicht.
Trotzdem: das Gesamtpaket stimmt
Das LG G6 war das erste Smartphone mit einem 18:9-Display und hat damit einen Trend gesetzt, den mittlerweile fast alle Hersteller aufgegriffen haben. Ich bin ganz ehrlich: ich möchte das Format jetzt nicht mehr missen. Als ich das Nexus 6P das letzte Mal in der Hand hatte, fühlte es sich wie ein riesiger Block an – obwohl die Displaydiagonale die gleiche ist. Ich glaube auch, dass in sehr absehbarer Zeit viele Inhalte auf das Format einstellen werden – die ersten YouTube-Kanäle bringen jetzt immer häufiger Videos, die nativ auf das breitere Format oder ganz auf Kinoformat (21:9) setzen. Das macht sich auf einem schmaleren Gerät einfach besser, als mit schwarzen Balken auf einem „normalen“ 16:9-Panel.
Die Verarbeitung des Smartphones stimmt auch: die Tasten haben kein Spiel und lassen sich sehr angenehm drücken. Ich bin außerdem Fan der Rückseite, wo man den Fingerabdruckscanner / Power-Button findet, den man mit einer einfachen App um die Funktionen erweitern kann, die auch Googles Pixel-Geräte liefern. Und ja: auch das LG G6 bietet Entsperren mittels Gesichtserkennung. Die wurde von LG ein wenig getuned und macht ebenfalls ein Gesamtbild der Gesichtspartie.
Aber auch das G6 ist nicht frei von Maklen: so sind die abgerundeten Displayecken etwa ein wenig unsauber und wenn man ganz, ganz genau guckt, erkennt man die Diskrepanz zwischen dem schmalen schwarzen Rand und dem tatsächlichen Panel. Außerdem ist das Material, wenn auch sehr hochwertig, zuweilen etwas rutschig. Gerade jetzt in der kalten Zeit mit trockenen Händen / Fingernhat das Gerät nicht den besten Halt.Bei der Dual-Screen Funktion von Android hat meiner darüberhinaus meiner Meinung nach ebenfalls ein wenig gepennt. Man kann das Panel 1:1 oder ~2:3 teilen. Wenn man aber etwa YouTube und eine zweite App darstellt, verliert man effektiv ein Stück für die zweite App, da hier das höhere Panel nicht mit einberechnet wird. Schade eigentlicht.
Es gibt besser, aber was solls?
Warum habe ich mich also jetzt, rund 10 Monate nach der ersten Vorstellung des LG G6 zu dem Gerät hinreißen lassen und mir kein Galaxy S8 oder Pixel 2 geholt?
Der Preis war ein Faktor: ich habe mein Gerät für rund 370€ schießen können. Das ist für das Paket, das man erhält, ein absoluter Superpreis, wie ich finde. Ich bleibe bei meiner schon oft getroffenen Aussage, dass der neueste Prozessor fast nie notwendig ist. Mit 4 Gigabyte RAM ist das Smartphone sehr gut aufgestellt und den internen Speicher habe ich mir mit einer microSD-Karte erweitert, wo meine lokale Musik liegt. Was will ich also mehr?
Ich will damit sagen: auch wenn wir hier bei mobileCTRL immer wieder zu den neuesten Smartphones und den schnellsten Prozessoren berichten; lasst euch davon nicht blenden. Der dickste Motor bringt euch in eurem Auto nichts, wenn ihr damit nur in der Stadt fahrt. Und wenn ihr nicht mehr macht als das, wofür dann 1000€ ausgeben oder euch einen unverschämten Vertrag aufschwatzen lassen, nur damit ihr sagen könnt „gucke mal, ich habe das neue XYPhone“?
Auf den Bildern seht ihr unter anderem Hüllen für das LG G6 von der Firma StilGut.
StilGut fertigt Accessoires und Hüllen für Smartphones aus Echtleder, die in Berlin in Handarbeit hergestellt werden und euch neben dem einmaligen Geruch von echtem Leder auch den entsprechenden Schutz bei Stürzen oder vor den üblichen Strapatzen des Alltags bieten. StilGut bietet außerdem Kabel, Lautsprecher, Powerbanks oder Schutzfolien an.
Ein Blick in den Shop des Herstellers lohnt sich allemale!