Ich möchte in aller Deutlichkeit darauf hinweisen, dass wir den Kauf von Plagiaten in keinem Fall unterstützen. Ihr werdet bei uns (auch auf Nachfrage) keine Informationen dazu erhalten, wo man so ein Teil bekommt.

 

Der Lukas von Tech Breakdown und ich haben einen Versuch gewagt: wir haben uns ein Fake iPhone X aus China bestellt, um einmal zu schauen, was so ein Teil kann und ob es sich überhaupt lohnt, das Geld hierfür auszugeben. Spoiler: hat es nicht.


TL;DR

Wer ein bisschen sucht, der findet Online-Händler, die solche Plagiate zum Kauf anbieten. Das Fake iPhone X ist äußerlich sehr nahe am Original – verständlich, hier hat man offenbar schon früh die geleakten Abmessungen und Bilder/Render zu dem Gerät studiert, denn solch ein Fake-Phone konnte man schon vor dem Release des eigentlichen iPhone X bekommen.

Was allerdings die Innereien des Smartphones angeht, erhält man hier Hardware aus dem unter(st)en Segment: 8GB Speicher, 2GB RAM, 5 Megapixel Kamera, 480p Display. Das ist Jahre von dem entfernt, was Apple ins das Original packt.

Ja, man bekommt ein 2:1 Display und das ist sogar nicht einmal wirklich schlecht (für die Auflösung), aber ihr verzichtet auf jede Annehmlichkeit, die ihr beim Original erhaltet.

 


 

Aüßerlichkeiten und Verarbeitung

Das Smartphone kommt in einer Box, die bis auf einen mittelmäßigen Job beim Aufkleben des Papiers nicht erahnen lässt, dass es sich hierbei um einen Fake handelt. Auch das Zubehör in der Box und das Gerät selber kann man nicht unbedingt auf den ersten Blick als Fälschung erkennen (hier also bitte alle die aufpassen, die schon einmal mit den 400€-Angeboten von eBay geliebäugelt haben). Beim Smartphone selber erkennt man eventuell schon jetzt, dass hier die Notch des Originals lediglich unter das Glas gedruckt wurde und sich der entstehende Rahmen vom Display absetzt. Das ist allerdings der einzige Punkt, an dem man das Plagiat vom Original unterscheiden kann. Kopfhörer, Netzteil, das kleine Infoblättchen sind alle optisch quasi identisch mit Apples Produkt.

Nur wenn man einen Vergleich hat, fällt die weniger wertige Verarbeitung auf. Der Rahmen um das Gerät fühlt sich mehr nach Plastik an, die Glasplatten vorne und hinten auf dem Gerät sind allerdings genau das: Glas – wie beim Original.

Von den Abmessungen ist das Gerät identisch zum Original. Das heißt, dass ihr theoretisch hier sogar originale Cases und die, die für das iPhone X bestimmt sind, benutzen könntet. Lautstärke- und Power-Taste sind ebenfalls identisch – wenn auch etwas locker. Der Mute-Switch ist nicht nur dem Original nachempfunden, sondern erfüllt sogar seinen Zweck.

Wie gesagt; von außem erkennt man es fast nicht. Wäre da nicht das

 

Display

Das Display des gefakten Geräts ist das offensichtlichste Merkmal, das nicht dem Original entspricht. Es ist rechteckig (mit abgerundeten Kanten) und im 2:1 Format gehalten. Und auch wenn die eigentliche Notch nur auf den Rahmen aufgedruckt ist, kommt das Gerät mit einer eigenen Software-Notch. Die dient vor allen Dingen dazu, die Elemente der Benachrichtigungsleiste wie beim Original zu trennen. Deaktivieren kann man sie übrigens nicht.

Das Panel selber ist ein LCD, das zwar nur mit 480p auflöst, dafür aber extrem hell wird. So hell sogar, dass es als Taschenlampe mehr taugt, als die LED unterhalb der Kamera auf der Rückseite. Die Qualität ist natürlich mager. Zwar einigermaßen blickwinkelstabil, aber schlichtweg kein Vergleich zu aktuellen Geräten, geschweigedenn zum echten iPhone X.

Immerhin: durch das 2:1 Panel kann man extrabreite Inhalte (etwa auf YouTube) nativ genießen oder eben ein 16:9 Video darauf strecken.

 

 

Software

Wir können dieses Gerät nicht behandeln, ohne über die Software zu sprechen. Das Fake-iPhone gibt sich redlich Mühe, das Original zu kopieren und das funktioniert optisch in Sachen Software tatsächlich überraschend gut. Schaue ich auf den Bildschirm mit seinen ganzen Applikationen und nach Apple-Manier ohne App-Drawer, erkenne ich nicht, dass es sich hier eben nicht um ein echtes iOS handelt.

Die App-Icons sind identisch, es gibt den Benachrichtigungsbereich mit diversen Widgets, selbst die neuen Schnelleinstellungen sind (inklusive dazugehöriger Geste!) eingerichtet und funktionieren größtenteils.

Ebenfalls 1 zu 1 umgesetzt ist die neue Home-Geste (vom unteren Bildschirmrand nach oben ziehen) und ich kann jetzt schon verstehen, warum so viele Nutzer von dieser Bedienung des iPhone X so angetan sind. Nach oben ziehen und kurz halten öffnet ebenfalls die App-Übersicht. Auch die Einstellungen App hat man exakt kopiert. Und auch hier: überraschenderweise funktioniert fast alles.

Natürlich fehlen fast allen Apps aber ihre Apple-Endpunkte. Will sagen: wenn man Apple Maps aufruft, wird eine Web-Applikation geöffnet, die stark an Google Maps aus 2013 erinnert. iTunes, Notizen und die Health-App öffnen sich zwar, sehen aber eher nach Platzhaltern aus.

Wenn man etwas Aufwand betreibt, kann man sich theoretisch reguläre Android Apps installieren. So habe ich hier beispielsweise YouTube, das Gboard und die Google App samt aktuellen Play Diensten installiert. Damit wird das Fake-iPhone ein ganzes stück weit praktikabler.

 

Performance

Ja… und hier sind wir beim wohl größten Problem: das Fake-iPhone ist mit einem MediaTek SoC ausgestattet und wahrscheinlich aufgrund des gesammten Skinnings ist dieser so heillos überfordert, dass die Benutzung einen regelmäßig auf die Probe stellt.

Eine (vorinstallierte oder nachträglich heruntergeladene) App starten kann schon einmal ein paar Sekunden dauern. Selbst der Aufbau des Homescreens lässt mal gerne auf sich warten und/oder man kann den einzelnen Icons beim Erscheinen zugucken.

Ich habe mir die Arbeit gespart, Benchmarks laufen zu lassen – das Gerät ist einfach lahm. Aber was will man bei 100€ schon erwarten?

Eigenartigerweise aber benötigen einige Apps, wenn sie einmal gestartet sind aber noch einmal besonders lange, bevor sie Inhalte anzeigen. Das betrifft vor allen Dingen solche Apps, wie YouTube, den Browser oder den vorinstallierten „App Store“. Laufen diese einmal, können sie auch einigermaßen gut bedient werden – der Start aber ist immer eine Geduldsprobe.

 

Kamera

Diesen Punkt würde ich gerne schnell abarbeiten. Die Kamera ist nicht gut. Punkt.

Natürlich ist das vermeintliche Dual-Kamera Setup auch keines. Die untere Linse im Kamera-Buckel ist lediglich ein Dummy.

Keine Details, furchtbares Rauschen bei fast allem außer Sonnenlicht, Dynamikumfang eines Nokia 6230, eine Auslösezeit von irgendetwas über einer Sekunde und immer mal wieder reagiert die Kamera-App erst nach einem Neustart wieder oder macht Bilder mit einem furchtbaren gelb-orange Stich. Selbst wenn man alles andere ignorieren würde, wäre spätestens die miserable Kamera das, was einen vom Kauf abschrecken sollte.

 

Einige Testfotos findet ihr im Album bei Google Fotos:

Link zu Google Fotos

 

Fazit

Ich denke, dass ich noch kaum begründen muss, warum es neben der Tatsache, dass wir den Kauf von Plagiaten nicht empfehlen und nicht unterstützen, nicht lohnt sich so ein Teil zu holen.

Das Fake-iPhone kann meiner ehrlichen Meinung nach nicht als soetwas, wie ein daily driver benutzt werden. Selbst wenn man wenig Ansprüche hat, fehlen viele Möglichkeiten und Standard-Applikationen. Dem kann man mit Nachinstallationen von etwa Drittlaunchern oder eben einer ordentlichen Tastatur beikommen, aber auch das ist oftmals schon zu kompliziert für manche Benutzer.

Hübsch sieht es ja aus, da braucht man nicht diskutieren und die Tatsache, dass man iPhone X-kompatibles Zubehör benutzen kann, ist alleine wegen der gigantischen Auswahl an etwa Cases wirklich praktisch.

Trotzdem: Mehr als ein netter Spaß, um die Freunde zu veräppeln oder als schicke Deko für die Vitrine sehe ich hier nicht unbedingt.

Ich würde mir zwar auch kein originales iPhone X für 1200€ kaufen, aber dieses Experiment werde ich sicherlich nicht noch einmal wiederholen. Dafür gibt es genug Alternativen in diesem Preissegment, die euch nicht versuchen zu ver“apple“n.

 

 

Von Michael

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