Google experimentiert gerne. Mit neuen Apps, mit diversen Experimenten, die Machine Learning und/oder Künstliche Intelligenz nutzen, mit Umgestaltungen von bestehenden Diensten oder dem etablieren von neuen, die teilweise in Konkurrenz zu eigenen, bestehenden Entwicklungen stehen. Und Google experimentiert auch mit Betriebssystemen. Ohne solche Experimente gäbe es beispielsweise wohl keine Chromebooks und Tablets, die mit Chrome OS laufen und Android Apps ausführen können.

Eines der Themen, die aktuell für besonders viel Aufsehen sorgen, ist wohl Fuchsia OS. Dabei handelt es sich um ein neues Betriebssystem, das Google von Grund auf neu gebaut hat – inklusive eigenem Kernel (Android basiert ja bekanntermaßen auf Linux). In der Vergangenheit konnte man bereits den einen oder anderen Blick auf das System werfen und zuletzt hatte Google sogar eine (nicht wirklich) lauffähige Version für ausgewählte Geräte zur Verfügung gestellt:

Googles Fuchsia OS in Video und vielen Bildern gezeigt

 

Jetzt sorgt gerade ein Beitrag von Bloomberg für viel Aufsehen, aus dem die meisten Portale die Information herausnehmen, dass Fuchsia schon in den nächsten Jahren Android ablösen könnte. Aber das wird wohl nicht passieren.

Wer sich die Mühe gemacht hat, den original Beitrag zu lesen, der findet dort viele spannende Punkte, aber Autor war eigentlich nüchtern genug, klar zu stellen, dass Fuchsia OS noch beiweitem nicht bereit ist, irgendwo eingesetzt zu werden – geschweigedenn die Millionen von Apps auszuführen, die es für Android gibt.

Recent code posted on a Google developer site suggested a YouTube application may be in the works, but there are no official Google services running publicly on the system.

Tatsächlich arbeiten insgesamt rund 100 Menschen an Fuchsia  – allerdings handelt es sich hierbei nicht um eine komplette Division, die exklusiv mit der Entwicklung des neuen Betriebssystems beauftragt ist. Google-Mitarbeiter haben die Freiheit, 20 Prozent ihrer Arbeitszeit in Projekte zu stecken, wie etwa das Duo Nat & Lo, die im Rahmen ihrer 20% verschiedene Themen auf YouTube beleuchten. Viele der häufig zitierten „mehr als 100 Mitarbeiter“ arbeiten also wahrscheinlich im Rahmen dieser Zeit an dem Projekt. Das Gros der Arbeitszeit der meisten Google-Mitarbeiter fließt allerdings weiter in etablierte Applikationen und natürlich nicht zuletzt in Android, was Googles wohl erfolgreichstes Projekt bis heute bleibt. Und auch weiterhin mit entsprechendem Zeitaufwand weiter betrieben wird.

Einige der in dem Projekt involvierten Mitarbeiter wünschen sich, dass es schnell vorangetrieben wird und eventuell schon in den nächsten Jahren auf den ersten Geräten zum EInsatz kommen kann. Das heißt aber beiweitem nicht, dass Google damit in 5 Jahren (und das war ungefähr die Überschrift, die ich in den letzten Stunden zig Mal gelesen habe) Android als Betriebssystem ablösen wird. Es gibt noch keine Roadmap für Fuchsia, es gibt keine oder nur sehr eingeschränkt lauffähige Applikationen, es ist noch unklar, ob Fuchsia nur Android für Smartphones und Tablets oder auch Android Things für Smart Home Appliances und/oder Chrome OS ersetzen könnte, es ist noch unklar ob es jemals den Schritt aus einem Nebenprojekt heraus schaffen wird und Fuchsias integrierter Schutz der Privatsphäre kollidiert mit Googles Geschäftsmodell, auf den Nutzer zugeschnitte Werbungen etwa auf Basis des Standorts zu liefern.

 

Ich weiß, dass das gerade schon fast schwarzgemalt wirken könnte und auch wenn ich Fuchsia OS auch sehr spanennd finde – gerade in Hinblick auf das grundverschiedene Arbeiten mit der Benutzeroberfläche – sollte sich jeder, der auch nur einigermaßen interessiert ist, selber den Beitrag bei Bloomberg durchlesen und sich nicht auf die reißerischen Überschriften verlassen.

Ein Satz aus dem Beitrag ist eigentlich eine viel bessere Zusammenfassung, als „In den nächsten 3 bis 5 Jahren wird Android sterben!!!elf!“:

Google can’t simply stop supporting Android and Chrome OS and expect this huge ecosystem to move to Fuchsia quickly

 

 

Von Michael

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